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Alp Nr. 33 : Alp vordere Wartegg
16.08.2013 15:30 ( 4900 x gelesen )

- Eine Zeitungsreporterin hat schon vor Längerem Interesse angemeldet
- Suche nach einer geeigneten Tour
- Ich winke fast jedem Auto zu: „Kennst denn du diese alle?“
- Ein riesiger Grasfrosch springt unter Julias Schuh hervor
- Eine Hirschspur, Julia hatte eine solche zuvor noch nie gesehen
- Die Überquerung des Sönderlibachs fasziniert
- Vorbei beim Pfarrers Nord, eine alte „Stapfede“
- Die Alp sieht bewohnt aus, ist aber jemand hier?
- Alphornspiel in verschiedene Richtungen
- Zwei Nutzfahrzeuge stehen auf der Weide bereit, daneben auch sehr kleine
- Ein duftender neuer Gartentisch und s’WC Hüsli
- Auf dem Heimweg kurz in der Scheidegg einkehren
- Im Gespräch vertieft, biege ich zu früh links ab
- Der steile Teerweg bei sengender Sonne Richtung Rotstein
- Pünktlich um 17:00 wieder in der Bude


Im April dieses Jahres telefonierte mir eine Zeitungsreporterin vom Tagblatt ins Geschäft und fragte mich für ein Interview an. Zuerst wollte ich sie abwimmeln, denn normalerweise möchten Leute aus dieser Branche nur Werbung verkaufen. Sie korrigierte mich aber und erklärte mir, dass sie wöchentlich Unternehmer aus der Region portraitiere und dies nichts kostet. Eine Woche später besuchte sie mich dann, eine sympathische Reporterin mit deutschen Wurzeln, Frau Nehmiz. Bei der Befragung streifte sie auch das Thema Hobby, wobei ich ihr nebenbei vom Projekt Alp-Horn erzählte. Sie war sofort begeistert und fragte mich, ob sie denn auch einmal auf eine Alp mitkommen darf. „Sehr gerne“, antwortete ich ihr, „am besten vielleicht ab Mitte Mai, wenn die Alpzeit beginnt“. So verblieben wir fürs Erste.
 
In den kommenden Monaten hatte ich das Versprechen immer im Hinterkopf. Eine passende Tour fiel mir aber nicht ein, zumal ich meistens spontan entscheide und je nach Situation die Destination bestimme. Dazu kam noch, dass der Mai sehr trüb ausfiel und der Alpaufzug erst spät durchgeführt werden konnte. So rückten die Sommerferien näher, wir verreisten für eine Woche nach Ägypten und in der restlichen Zeit wollte ich auch ab und zu mit Gabriel Angeln gehen. Im August erhielt ich dann von Frau Nehmiz eine E-Mail mit der Frage nach einem Termin für die versprochene Alp-Tour. Nun war ich gefordert etwas Passendes zu finden. Speziell soll es sein, zu Fuss gut erreichbar, ein schönes Echo, eine Hütte die nicht unbedingt nur zu Ferienzwecken belegt wird, wenn möglich soll täglich gemolken werden damit auch sicher ein Senn anwesend ist…

Ich werde einfach nicht fündig und zu guter Letzt sollte das Wetter auch noch stimmen. 
In meinem Antwortschreiben vertröste ich Julia – auf den Alpen duzt man sich – für den Moment und sage ihr, dass ich mich freitags wieder melde. Das Wetter spielt sehr gut mit, ich weiss einfach noch nicht wohin die Reise gehen soll. Ich muss die Auswahl deshalb anders anpacken, meine Kriterien sind einfach zu hoch gesteckt. Ich überlege mir deshalb welche Touren mir bis jetzt besonders gut gefallen haben. Spontan kommen mir die Gloggern, Bogarten und das Pfarrers Nord in den Sinn. Schnell fällt die Wahl auf die Vordere Wartegg die hinter dem Pfarrers Nord liegt und mit Julia kann ich endlich konkret abmachen. Wir treffen uns vor unserer Bude und fahren gemeinsam zum Sollegg. Einige Autos kommen uns auf der schmalen Strasse entgegen, Julia fragt mich: „Kennst du denn alle hier, dass du allen winkst?“ Ich muss schmunzeln: „Nei, natürli nüd, wenn nebid usifahrt ond watet, denn gölts as Dank. Abe die meischte mit AI Nummere kenn i  scho.“ Julia schaut mich etwas verwundert an.
Dann marschieren wir nach Wasserschaffen und biegen rechts über den Alpweg zum Pfarrers Nord ab. Plötzlich erschrickt Julia und stolpert fast. Ein riesiger Grasfrosch springt unter ihrem linken Wanderschuh hervor, fast wäre sie auf ihn getreten, Glück gehabt. Weiter unten im Wald zeige ich ihr dann eine frische Hirschspur, sie kann höchstens ein paar Stunden alt sein. Julia meint: „Eine solche habe ich bis heute noch nie gesehen, oder vielleicht einfach nicht beachtet.“ Bei der Überquerung des Söderlibaches, dazu dienen nur ein paar grössere Steine die gezielt im Bachbett liegen, meint sie: „Die Gegend hier ist wunderschön und das Wasser im Bach so klar.“ Auch für mich ist dies ein sehr spezieller Ort.
 
Nun wandern wir über die Weide vom Pfarrers Nord. Ich erzähle Julia vom alten Senn Erwin der 38 Jahre auf der Vorderen Wartegg z’Alp gefahren ist und von den Galtligen die mich hier während dem Alphornspiel schier gefressen haben. Da es hier keinen markierten Wanderweg gibt erzähle ich ihr auch, dass ich bei solchen Touren immer wieder froh bin, wenn ich auf eine „Stapfede“ oder eine „Rigle“ stosse. Dann ist man auf dem richtigen Weg. Diesmal ist es eine alte „Stapfede“ die uns weiter hilft, sie ist aber ziemlich zerfallen, es ragen nur noch ein paar abgefaulte Holzpfähle links und rechts des Zauns aus dem Boden.

Die Vordere Wartegg sieht bewohnt aus, auf der Weide sind Kühe und hinter dem Stall stehen Geissen samt Bock gemühtlich im Schatten des Gebäudes. Ich erkläre Julia nun mein Vorgehen: Wenn die Sennenfamilie anwesend ist, spiele ich zu Beginn mit dem Alphorn, wenn nicht mache ich gerne vorab ein paar Bilder. Auf dieser Alp bin ich  mir nicht sicher ob jemand da ist, deshalb mache ich mich als Erstes auf die Suche nach einem schönen Echoplatz. Hinter der Hütte probiere ich es an zwei Stellen Richtung Lehmen, danach auch noch auf der anderen Seite Richtung Scheidegg. Dort hört man ein schwaches Waldecho, mehr aber leider nicht. Auch ein lauter Juchtz von der gegenüberliegenden Alp wäre ganz sympathisch gewesen – es bleibt leider still.
 
Nun mache ich mich an die Arbeit mit dem Fotoapparat, hinter dem Stall steht ein Schilter bereit zum Gülle ausführen. Daneben steht eine Kinderkarette, das gäbe ein schönes Bild, Vater mit Sohn bei der Arbeit. Vor der Hütte stehen ein Kindertraktor und drei kleinere Sandkastenbagger, es sieht so aus als ob die Kinder das Spielen nur schnell unterbrechen mussten. Hinter der Hütte riecht es intensiv nach frischem Tannenholz. Ein neuer, massiver Gartentisch mit zwei Bänken steht da und irgendeine Illustrierte liegt aufgeschlagen auf der Bank. Auf der Ostseite ist ein verlottertes kleines Gebäude, Teile vom Eternitschirm fehlen, das Dach ist vermutlich nicht mehr dicht und die  verzogene Holztüre steht weit offen. Ein kurzer Blick hinein genügt, s’WC Hüsli. Da auf der ganzen Alp niemand anwesend ist, erlaube ich mir das Alp-Horn Schild an die Gadenwand zu nageln. Spätestens jetzt hätte ein Hund die Hammerschläge bemerkt, es ist wirklich niemand hier.
 
Julia möchte noch ein paar Notizen aufschreiben, deshalb einigen wir uns für einen kurzen Besuch im Restaurant Scheidegg. Wir bestellen etwas zu trinken, Julia nimmt noch einen kräftigen Schluck aus ihrer Trinkflasche und erklärt mir: „Das ist nicht anständig, aber heute ist es so heiss.“ Sieht mich verschmitzt an und verstaut die Flasche wieder  im Rucksack. Danach bringt die Serviertochter unsere Getränke und Julia beginnt zu schreiben. Kurze Zeit später brechen wir wieder auf. Unterwegs sind wir dann so in ein Gespräch vertieft, dass ich ohne es zu merken, links abbiege Richtung Gonten. Erst als wir aus dem Wald kommen bemerke ich, dass etwas nicht stimmen kann. Die Wanderkarte muss nun weiter helfen, denn wir dürfen keine Zeit verlieren, Julia muss um 17:30 in St.Gallen sein. Ich wähle den Weg über die Alp Rotstein, zuerst einen schmalen Pfad durch den Wald, danach über eine sumpfige Weide und zu guter Letzt eine sehr steile Alphaltstrasse hoch und das bei sengender Sonne. Wir beide geraten ausser Atem, Julia meint: „Meine Kondition war auch schon besser.“
 
Nach dem steilen Stück ist es nicht mehr weit zum Auto, pünktlich um 16:45 sind wir beim Parkplatz Sollegg. Auf der Fahrt hinunter winkt mir ein älterer Bauer der am Strassenrand sitzt, ich winke natürlich zurück. Julia fragt neugierig: „Kennst du diesen?“ Jetzt muss ich lachen und antworte: „Nei, de chenn i nüd, e het me vemuetlech au gad gwunke wöll i e AI Nummere ha.“  


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