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DEFAULT : Alp Bötzel
17.11.2012 12:45 ( 4425 x gelesen )


- 
Die Schneedecke wird immer dicker
- Ein Krampf im Oberschenkel und schmerzende Knie, was ist los?
- Hat mich das „SOS“ Schild beeinflusst?
- Soll ich nicht besser umkehren?
- Ich motiviere mich mit Schritte zählen, bis 200, dann bis 400…
- Total erschöpft erreiche ich den Widderalpsattel
- Die Aussicht zum Säntis und Altmann ist genial
- Alphornspiel Richtung Bötzel, leider kein spezielles Echo
- Der Schnee wird langsam weich, ich beeile mich
- Die Hütte scheint gepflegt, der Stall ist relativ neu und gross
- Vor der Hütte ragen farbige Blumen aus dem Schnee
- 3 Gämsen jagen durch den Schnee, wer hat diese aufgescheucht?
- Eine alte Spur im Schnee zeigt mir den direkten Weg Richtung Meglisalp
- Alphornspiel etwas oberhalb der „Teufelskanzel“


Meine heutige Tour über Bogarten – Widderalp möchte ich mit dem Besuch des Bötzels beenden. Nach den letzten leider unbeantworteten Alphorntönen auf der, in dieser Jahreszeit schattigen, Widderalp, mache ich mich auf zum Widderalpsattel. Im Sommer ist die Strecke eigentlich nicht weit, nur etwas steil. Da aber die Schneedecke nun mit jedem Höhenmeter zunimmt und der Alphornsack auch immer mehr auf meine Schultern drückt, habe ich das Gefühl, dass ich nicht vom Fleck komme. Nach 15 Minuten habe ich noch nicht einmal die Hälfte erreicht, da beginnt der rechte Oberschenkelmuskel zu krampfen und das linke Knie zu schmerzen. Hallo – was ist denn jetzt los?

Das SOS Schild beim Widderalpstall hat mich, ich nehme es jedenfalls so an, ungewollt mental beeinflusst. Ich versuche mich deshalb zu konzentrieren, ich bin doch erwachsen und lasse mir von meinem Kopf nicht den Spass verderben. So einfach ist es aber nun doch nicht, wenn sich einmal ein Floh eingenistet hat bringt man den auf die Schnelle nicht wieder weg und wenn man es noch so fest versucht, wird man höchstens noch auf sich selber verrückt. Also ein nicht enden wollender Kreislauf, aaahh und nun beginnt auch noch der linke Oberschenkelmuskel zu streiken. Langsam wird es mir etwas „gschmuuch“, hier ist nicht der ideale Platz für solche Spässe. Soll ich vielleicht nicht doch besser umkehren? Dann müsste ich aber über Sämtis und mein Auto ist auf der anderen Seite. Ich entscheide mich, den eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen.

 
Ich schaue ein letztes Mal zum Widderalpsattel hinauf und nehme mir dann vor, dass ich mit etwa 200 Schritten da oben ankomme. Ich setze nun ein langsames Tempo an und zähle jeden Schritt, einer nach dem anderen. So freue ich mich an jeder Dezimalstelle die ich wieder hinter mir lassen kann. Zwischendurch versuche ich die Muskulatur etwas zu lockern und schreite in gemächlichem Tempo immer weiter. Mit der erreichten Zahl 200 gestatte ich mir dann auch wieder einen Blick zu meinem ersehnten Ziel. Leider habe ich nur die halbe Strecke geschafft, aber trotzdem bin ich ein schönes Stück näher gekommen. Wohl oder übel muss ich mit der gleichen Technik weiter und ziemlich genau mit der Zahl 400 erreiche ich total ausgepumt auch den Widderalpsattel.

Nach einer Verschnaufpause und einer kleinen Stärkung mit Wasser und Riegel merke ich, wie schön es hier oben ist. Die Aussicht zum verschneiten Säntis mit Altmann ist grandios. Nun kann ich mich doch noch darüber freuen hier oben zu stehen und nehme mein Alphorn zur Hand und spiele Richtung Widderalp ein paar erfreute Töne. Das Echo ist schön, aber unten auf der Alp hatte es mir besser gefallen. Dasselbe mache ich anschliessend in die entgegengesetzte Richtung und spiele zum Bötzel. Hier fällt das Echo leider nicht sonderlich aus.

 
Die Vormittagssonne wird immer stärker, ich stehe zwar immer noch im Schatten aber der Schnee wird langsam weich. Ich habe deshalb etwas Angst, dass sich die Verhältnisse mit weichem Untergrund plötzlich verschlechtern. Ich beeile mich deshalb zur Alphütte Bötzel und schiesse dort noch ein paar Bilder von der gepflegten Hütte und dem neuen grossen Stall. Vor der Hütte begrüssen mich 2 farbige Blumen, es könnten Tulpen sein, sind aber in Wirklichkeit Blechblumen. Beim Widderalpsattel entdecke drei Gämse, sie beobachten mich. Plötzlich machen sie sich davon mit einem höllischen Tempo, sie jagen einander nach. Ich denke, dass sich mit dieser Geschwindigkeit mindestens eines davon verletzt. Es dauert ein paar Sekunden und sie verschwinden rund 500m weiter unten hinter der Felswand unversehrt. Später erfahre ich von einem Jungjäger, dass im Moment Brunftzeit ist und dies deshalb öfters vorkommt.
 
Nach Meglisalp führt der ordentliche Wanderweg von hier über Spitzigstein. Es gibt aber auch noch einen kürzeren Weg der vor dem Bötzelchopf hinab führt und etwas steiler ist. Ich wähle diesen, muss mich aber anhand der Karte durchlotsen und finde etwas weiter unten eine alte Spur im Schnee. Die beiden Wanderer von Altstätten, die ich heute Morgen auf Bogarten getroffen habe, höre ich plötzlich etwas weiter oben den Schnee hinunter rutschen. Sie waren auf der Marwees und sind scheinbar auch noch nicht weiter. Vor einem Culoir kreuzen sich unsere Wege wieder und ich überlasse den beiden gerne den Vortritt, denn diese Schneise ist mit einer Schneelawine bedeckt. Mit dem gesattelten Alphorn gehe ich langsam Schritt für Schritt, denn ich muss aufpassen dass ich nicht hinten am Horn einhänge und dann der Länge nach hin falle. Nach dieser kribbeligen Passage kann ich den breiten Wanderweg etwas weiter unten nach Seealp bereits erkennen, buhhui geschafft.
 
Dieser Weg, „de onde Strech ab“,  führt zum Teil durch recht felsiges Gelände. Dort gibt es eine Stelle die nennt sich Teufels Kanzel. In jungen Jahren hatten wir dort auch schon ein „Rugusseli“ gesungen. Die Töne werden dort wie in einer Kirche getragen, was vor allem auf Gesang eine sehr reizvolle Wirkung hat. Etwas vor der besagten Stelle spiele ich für heute ein letztes Mal drei Stücke in Richtung Altenalp und Schäfler. Ein  sehr schönes Echo antwortet mir und dazu zeigt sich der Seealpsee von seiner schönsten Seite. Ohne Sonnenlicht zwar pechschwarz, dafür spiegelt sich die Bergwelt darin glasklar, einfach fantastisch.


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