Alp Untere Helchen

Datum 14.04.2015 15:25 | Thema: DEFAULT

#CMSBLOCK{{192}}[[{"widget":"block"}]];Cms Block [Gadgets Manager :: Heimweide Cheer]#
- Ein alter verwilderter Wanderweg
- Viele Wildspuren, weiter oben im Wald ein Hirsch
- Nirgends eine Stapfede und überall Stacheldraht
- Die Abendsonne wirft grosse Schatten rund um das Öhrli
- Ein altgedientes Velo hängt am Baum vor der Hütte
- Ich höre Stimmen, 3 Jogger nähern sich
- Auf der Mistplatte erscheint ein wunderbares Spiegelbild
- Die Gebäude sind schon älter, trotzdem steckt viel Herzblut darin
- Rote und gelbe Tonröhren unter der Melster
- Alphornspiel vor der Melster, ein leichtes Waldecho ist zu hören
- 2 Rehe hören aufmerksam zu und kommen näher
- Es wird langsam kälter und dunkel
- Direkt durch den Wald Richtung Herrentüllen wage ich nicht

Bei der Liegenschaft Herrentülle, die hinterste  in Sonnenhalb, parkiere ich meinen Wagen. Ein paarmal im Jahr übe ich dort, denn ich fühle mich da einfach wohl. Heute starte ich ab derselben Stelle, folge aber dem Wanderweg bis zur Brücke die hinüber zur Wart führt. Bei diesem Wegkreuz müsste es rechts den Wald hinauf Richtung Helchen gehen, nur ich finde im ersten Moment keinen Weg, er ist auch nicht mehr offiziell eingetragen. Ich folge deshalb der Nagelfluhrippe und treffe dann weiter oben auf einen verwilderten Weg. Kreuz und quer liegen schon längere Zeit Baumstämme und Äste im Wald, ich sehe auch eine Holzbeige die aber schon vermodert ist. Es sieht fast so aus, als ob der Holzer ein älterer Mann war und bei seiner Arbeit vor rund 20 Jahren verstorben ist. In diesem Waldabschnitt treffe ich auch auf viele ganz frische Wildspuren, kein Wunder dass weiter oben gerade ein Reh mir den Rücken kehrt und davon springt. Am Waldrand grenzt dann auch die Alp Helchen an, vergebens suche ich nach einer Stapfete, überall gibt es diesen hässlichen Stacheldraht.

Auf der Anhöhe treffe ich auf die Alpgebäude, die Abendsonne wirft lange Schatten aufs Alpsteinmassiv mit dem markanten Öhrli. Vor der Hütte steht ein mächtiger Baum und daran hängt an einem Ast ein altgedientes Velo. Ein spezieller Anblick, ich glaube nicht, dass dieses Velo irgendein junger Biker hier liegen gelassen hat, es sieht eher danach aus, dass dies der Alpfamilie gehört und seinen Winterplatz jeweils an diesem Ast einnimmt. Ich packe das Alphorn aus und möchte es beim Baum für ein Foto platzieren, da höre ich drei Männerstimmen näher kommen, es sind Jogger. Wenn die mich zusammen mit Alphorn-Baum-Velo-Fotoapparat sehen, dann denken sie sicher: Der hat einen Sprung in der Schüssel. Ich fordere es deshalb nicht hinaus und warte einen Augenblick hinter dem Haus ab bis „die Gefahr“ vorbei ist.

Auch das Warten hat seinen Sinn, beim herumblicken entdecke ich auf der betonierten Mistplatte, die mit Schmelzwasser bedeckt ist, ein klares Spiegelbild vom Alpsteinmassiv. Von den drei Bergseen kennt man viele solche Bilder, deshalb ist dieses für mich einzigartig. Die Alpgebäude sind schon älter, aber es scheint, dass hier jedes Ding seine Funktion hat, alles scheint sauber aufgeräumt, jemand mit viel Herzblut ist hier am Werk. Unter der Melster stechen mir rote und gelbe Tonröhren ins Auge, sie sehen fast aus wie neu, gebraucht werden diese aber seit Jahrzehnten nicht mehr. Ist das noch ein Produkt aus der Ziegelhütte in Appenzell? Dies wäre gut möglich.

50m unterhalb der Melster spiele ich drei Alphornstücke, wie gewohnt mit geschlossenen Augen. Als ich sie nach dem ersten Stück wieder öffne, stehen in 80m Entfernung zwei Rehe und schauen aufmerksam zu mir hinauf. Dann äsen sie weiter und ich spiele das nächste Stück. Zwischendurch blinzle ich zu ihnen hinunter, sie lassen sich scheinbar nicht stören. Danach steige ich zur Melster hoch und spiele nochmals drei Stücke, die Rehe sind zwar noch am selben Ort aber ich kann sie von hier aus nicht mehr sehen. Es ist wie beim ersten Block, als ich mit dem ersten Stück fertig bin, sehe ich die beiden Rehe wieder. Sie sind mir entgegengekommen und hören erneut aufmerksam zu.

Es wird langsam dunkel und auch kühler, ich packe deshalb meine Sachen und gehe heimwärts. Diesmal folge ich dem Kiesweg der weiter oben über Gächten führt. Im Wald ist es schon recht dunkel, die Stirnlampe hätte ich nun gerne dabei. Am liebsten würde ich rechts den Wald hinunter stechen, das wäre zwar die kürzeste Strecke aber es gibt keinen Weg. Es ist aber so steil und teils auch felsig, dass ich mich in der Finsternis nicht mehr wage. In der ersten Lichtung nehme ich dann die Karte zur Hand, beleuchte sie mit dem Natel und suche den Einstieg des Wanderweges zur unteren Strasse. Der muss ganz in der Nähe sein, ich gehe deshalb rund 100m dem Waldrand entlang, treffe aber auf keine Stapfete, überall nur dieser blöde Stacheldraht. Hier ist der Wald ist hier weniger steil, deshalb wage ich es und kreuze zum Glück schon bald den offiziellen Wanderweg der mich sicher zum Auto führt.





Dieser Artikel stammt von Alphorn - Aurel Wyser - 119 Alpen und 97 Heimweiden
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